Alle sollen singen!

Diesen sehr schönen Artikel schickte ein kirchenmusikalischer Freund heute. Nichts hinzuzufügen, von meiner Seite…

Fünf erstaunlich aktuelle Regeln für das Singen im Gottesdienst aus dem Jahr 1761

(aus: praxis gottesdienst 4/17)

1. Alle sollen singen.

Seht zu, dass ihr so oft wie möglich in den Gemeindegesang mit einstimmt. Lass deine kleinen Schwächen oder gar Müdigkeit dich nicht daran hindern. Selbst wenn du das Singen als Kreuz auf dich nimmst, wirst du es als Segen empfangen.

2. Sing lustvoll und voll frohen Mutes.

Hüte dich davor, so zu singen, als seiest du halb tot oder halb am Schlafen. Lasse deine Stimme kraftvoll erklingen. Habe keine Angst vor deiner Stimme, es sei dir nicht peinlich, dass deine Stimme gehört werde. Du hast ja auch kein Problem damit, die Lieder Satans zu singen.

3. Sing mit Bescheidenheit.

Brülle nicht, so dass andere dich hören und deine Stimme sich über alle anderen in der Gemeinde erhebt. Sonst störst du die Harmonie des Gesangs. Bemühe dich stets darum, deine Stimme mit allen anderen so zu vereinigen, dass ihr einen melodievollen Klang erzeugt.

4. Sing im Rhythmus.

Wie schnell oder langsam auch gesungen wird, füge dich in das Metrum. Eile nicht voraus und schleppe nicht hinterher; höre mit großer Aufmerksamkeit auf die Vorsänger und stimme so genau ein, wie du kannst. Und bemühe dich vor allem darum, nicht zu langsam zu singen. Der schleppende Gesang kommt über alle, die faul sind. Es ist höchste Zeit, dass wir diese Unsitte unter uns vertilgen. Singt alle Lieder mit derselben Geschwindigkeit wie zu Anfang, als wir sie gelernt haben.

5. Das Wichtigste aber ist: Singe geistvoll.

Hebe dein Auge zu Gott mit jedem Wort, das du singst. Strebe danach, ihm mehr zu gefallen als dir selbst oder irgendjemandem sonst. Darum achte auf den Inhalt dessen, was du singst. Lass dein Herz nicht durch den schönen Klang davongetragen werden, sondern bringe es stets Gott als Opfer dar. So wird dein Singen dem Herrn hier auf’ Erden gefallen und dein Lohn sein, wenn er kommt in den Wolken des Himmels.

(Übersetzung: Dr. Joachim Vette, Heidelberg)

Die fünf Regeln sind ein Auszug aus den 1761 veröffentlichten „Directions for Singing” des anglikanischen Priesters und Predigers John Wesley (1703-1791). Er legte den Grundstein der heute weltweit vertretenen kirchlichen Gemeinschaften methodistischer Tradition, die sich besonders durch ihr soziales Engagement auszeichnen.

Quelle: praxis gottesdienst 4/17